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Was lange währt, wird endlich gut

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Statt des erhofften weißblauen Himmels mit Sonnenschein gab es am Samstag Nieselregen zur Feier des Abschlusses der Sanierungsarbeiten am Ensdorfer Wahrzeichen Stephansturm. Eingeleitet wurde sie von der Ensdorfer Volksmusik mit festlichen Klängen.

„Meine schlaflosen Nächte sind vorbei“, freute sich Ensdorfs Bürgermeister Markus Dollacker und dankte allen, die zum Gelingen des „großartigen Werkes“ beigetragen haben: für die staatlichen Zuschüsse, Konservator Dipl. Ing. Raimund Karl, der hartnäckig das Projekt gegenüber Bürgermeister, Gemeinderat, Denkmalschutzamt und Kultusministerium vorangetrieben hat, allen Handwerkern und Helfern, besonders den „Freunden des Stephansturms“, die schon früh auf die notwendige Erhaltung und Sanierung des Turmes hingewiesen und fleißig Spenden gesammelt haben. Ohne alle diese Leistungen und trotz großer staatlicher Förderung „hätte die Gemeinde die Sanierung und Restaurierung des geschichtsträchtigen Bauwerks alleine nicht hätte stemmen können“.

Bürgermeister Dollacker, der in unmittelbarer Nähe des Turmes aufgewachsen ist, kennt nun nach eigenem Bekunden „nahezu jeden Stein“. Nach umfangreichen Voruntersuchungen hätte die Bauzeit eigentlich nur ein Jahr dauern sollen, doch wetterbedingt dauerte die Fertigstellung fast ein Jahr länger. „Ich bin sehr stolz, dass sich heute der Stephansturm so präsentiert, wie er wohl von den Erbauern im Jahr 1075 errichtet worden ist. (Nur das Dach wurde im Mittelalter geändert.)“, verkündete er. „Ich sage deshalb nochmals ausdrücklich an alle, die zum Gelingen beigetragen haben, ein herzliches Vergelt’s Gott und aufrichtigen Dank.“

Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege gratulierte zur Fertigstellung. Er sei von Ensdorf und seinen Wahrzeichen Kloster und Stephansturm begeistert, versicherte er. Und betonte die große Bedeutung Ensdorfs schon in frühen geschichtlichen Zeiten. „Der fast 1000 Jahre alte Stephansturm hat mehr als 30 Generationen überdauert und kann viel von der Geschichte des Ortes erzählen. Z. B. dass er früher neben der früheren Pfarrkirche stand, die während der Säkularisation abgerissen wurde. Er aber blieb bestehen“, betonte Prof. Greipl. „er ist der älteste noch bestehende, als Campanile frei stehende Kirchturm der Oberpfalz. Wenn sich die Gemeinde und die Förderer weiter so um diesen geschichtsträchtigen Turm kümmern, wie bisher, dann wird er sicher weitere 1000 Jahre hier stehen!“

Der Kulturbeauftragte des Bezirks Oberpfalz, Bezirksrat und Bürgermeister Peter Braun überbrachte die Glückwünsche des Bezirks und auch seines Kollegen Richard Gaßner. „Ensdorf kann stolz sein auf die gelungene Restaurierung des Stephansturmes“, meinte er und betonte. „Mit Privatinitiative wie z. B. durch die Freunde des Stephansturmes und des Heimat- und Kulturvereins kann viel erreicht werden – zusammen mit staatlichen Zuschüssen.“ Und Bezug nehmend auf die ungünstige Witterung bei der Feier: „Wir haben den Turm Jahrzehnte im Regen stehen lassen, da macht das bisschen Regen heute nichts aus!“

„Die Initiative zur Rettung des Stephansturms geht auf das Jahr 1999 zurück“, erklärte Regierungsamtsrätin Barbara Rubenbauer von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises und überbrachte die Glückwünsche des Landrats Richard Reisinger. „Damals schon haben die Freunde des Stephansturms Spenden gesammelt und damit dafür gesorgt, dass der Turm 2004 begehbar gemacht werden konnte.“ Sie verwies darauf, dass im Verlauf der Instandsetzungsarbeiten manche fachliche Diskussion nötig gewesen sei, viele interessante  Funde gemacht und geschichtliche Erkenntnisse gewonnen wurden.

„Was lange währt, wird endlich gut“ meinte Architekt Dipl. Ing. Georg Roggenhofer, der neun Jahre lang die Arbeiten am Stephansturm vom ersten Ortstermin bis zur Fertigstellung der Sanierung begleitet hat. Anfangs hätten 1,60 Meter  hoher Schmutz und Unrat im Innern des Turms den Zugang versperrt. Die 2004 eingebaute Holztreppe (von den Freunden des Stephansturmes finanziert) habe Signalwirkung gehabt. Durch umfangreichen Grabungs- und Untersuchungsarbeiten im Jahr 2005 habe man dann das Alter des Turmes genau auf das Jahr 1075 datieren können. „Ein echter Campanile – nördlich der Alpen – und das in Ensdorf!“ Ende 2008 sei dann die Gesamtfinanzierung gesichert gewesen. Und im Juni 2009 habe man endlich mit der Baumaßnahme beginnen können. Nach  Einrüstung sei das schadhafte Dach abgedeckt und der barocke Dachstuhl instand gesetzt worden. „Nach eingehender  Diskussion aller Beteiligter wurde Ende August 2009 entschieden, dass der Stephansturm sein ursprüngliches Erscheinungsbild durch ‚Petra rasa’ (gestrichener Stein) wieder erhalten soll.“ Roggenhofer dankte allen Beteiligten, besonders den Freunden des Stephansturmes, „ohne deren unermüdlichen Einsatz für den Erhalt dieses so wichtigen Baudenkmales für den Ort Ensdorf  es nicht möglich gewesen wäre, diese umfangreiche Baumaßnahme zu realisieren“. Bürgermeister Dollacker überreichte der Architekt statt des obligatorischen Schlüssels einen Spendenscheck.

Dann schritt Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl zur Tat und durchschnitt das weißblaue Band und öffnete die Tür zum Stephansturm. Viele interessierte Bürger und Gäste nutzten trotz des widrigen Wetters die Gelegenheit, den Turm zu besteigen, sich über dessen Geschichte von Isabel Lautenschlager vom Heimat- und Kulturverein informieren zu lassen und die Aussicht auf Ensdorf von oben zu genießen.

Für Briefmarkenfreunde gab es ein besonderes Schmankerl: Auf Initiative der Freunde des Stephansturmes und durch Unterstützung der Briefmarkenfreunde Sulzbach-Rosenberg gab es einen Sonderstempel der Deutschen Post auf Postkarten und Briefumschlägen mit dem Stephansturm als Motiv. Dessen künstlerische Gestaltung Theo Franz aus Parsberg übernommen hatte.

Der Heimat- und Kulturverein Ensdorf hat einen Flyer zu Geschichte, Bau und Sanierung des Stephansturmes erstellt. Dessen Verkaufserlös die Gemeinde bei der Finanzierung der Restaurierung des Wahrzeichens unterstützt.

Finanzierung: Die Restaurierungskosten sind auf 303000 Euro geschätzt. Bürgermeister Dollacker ist sich sicher, dass die Kosten nicht überschritten werden. 170000 Euro Zuschuss kommen vom Kultusministerium und dem Denkmalschutzamt, 30000 Euro von der Bayerischen Landesstiftung, 22000 Euro vom Bezirk Oberpfalz, 5000 Euro von der Katholischen Kirchenstiftung Ensdorf, 5000 Euro von den Freunden des Stephansturmes, die aber bereits die Holztreppe finanziert haben, 45000 Euro muss die Gemeinde Ensdorf tragen, Außerdem leisteten die Freunde des Stephansturmes und der gemeindliche Bauhof Arbeiten im Wert von 26000 Euro.

Über Bau, Geschichte und Sanierung des Stephansturmes berichtet die MZ in einer ihrer nächsten Ausgaben noch ausführlich in Wort und Bild.