Was ist gemeinsam zwischen den Weltreligionen?
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
„Angesichts der derzeitigen politischen Wirren in den arabischen Ländern, in denen der sogenannte Islamische Staat IS sein Unwesen treibt, ist dieses Anliegen sicher ein sehr wichtiges, aber auch schwieriges Unternehmen“, betonte eingangs Salesianerpater Alfred Lindner. Cemal aus Burglengenfeld bemühte sich dann auch gleich sehr persönlich aufzuzeigen, wie sein Glaube als Moslem in der Vorstellung von einem einzigen allmächtigen Schöpfergott eine totale Gemeinsamkeit mit dem Christentum zeigt. Und auch im Gespräch mit der modernen Naturwissenschaft bestünde diesbezüglich kein Widerspruch, seien doch die Erkenntnisse der Quantenphysik und der Evolution durchaus mit den Aussagen im Koran und in der Bibel zu vereinbaren.
Auch Florentin, Abiturient aus Hirschau, bestätigte im gleichen Maße, dass genau in dieser Überzeugung sein christlicher Glaube mit der Religion des Islam völlig übereinstimmt. Kein vernünftiger Mensch würde die so bereichernden Forschungen der Kosmologie in Zweifel ziehen, es sei inzwischen gutes Allgemeinwissen, dass nicht an einem ganz bestimmten Tag die Welt vor ungefähr 7000 Jahren von Gott erschaffen worden ist, wie leider einige fanatische Kreationisten immer noch glauben. Lisa aus Ebermannsdorf, ebenfalls Abiturientin, appellierte ganz stark an alle Parteien, die Tugend der Toleranz in diesem Zusammenhang hochzuhalten. Unterschiede sollten nicht gleich in den Vordergrund gerückt werden, sondern beide Seiten, die muslimische und die christliche, sollten doch lieber eher darauf schauen, was beiden Religionen gemeinsam sei – und dies sei eben auch die Auseinandersetzung mit dem Atheismus, dessen Hauptargument immer sei, dass eben unsere kosmische Welt des Menschen rein zufällig entstanden sei – und keinen eigentlichen personalen Schöpfer kenne.
Salesianerpater Alfred Lindner ergänzte diese Gedanken mit seinem Hinweis, dass ja schon in der Bibel die Überzeugung herrscht, dass der genaue Zeitraum der Erschaffung der Welt überhaupt nicht festgestellt werden wollte. Der erste Schöpfungsbericht im Alten Testament spricht von den bekannten sieben Tagen, der zweite aber ganz deutlich nur von einem einzigen Schöpfungstag. Und die Menschen im Altertum erkannten darin keinen Widerspruch.“
Aus den über 40 interessierten Teilnehmern des interreligiösen Gesprächs heraus wurde deutlich die Frage gestellt, wie denn die Verantwortung des Menschen gegenüber einer göttlichen Schöpfung aussehen solle. Von islamischer Seite wurde erwidert, dass der Mensch nach den Geboten aus dem göttlichen Gesetz handeln soll – und er durch sein Studium der heiligen Schriften im Koran diesen Willen Gottes heraus lesen kann. Von christlicher Seite aus wurde entgegnet, dass es die zehn Gebote wären, die der Mensch beachten muss, um dem Auftrag aus der göttlichen Schöpfung gerecht zu werden. Das so genannte grüne Kloster Ensdorf gehe mit seiner Einstellung der Nachhaltigkeit beispielhaft allen voran: Solarzellen auf dem Dach des Bildungshauses, Hackschnitzelanlage, ein symbolisches Windrad und inzwischen sogar drei Elektro-Autos, die vor allem die jungen Leute immer sehr beeindrucken.
Dieser gemeinsame Glaube an einen Schöpfergott ist aber in beiden Religionen ein Bekenntnis besonders zum barmherzigen Gott, wie es unter den 99 Namen Allahs heißt und wie es im Gleichnis Jesu von dem barmherzigen Vater sichtbar wird. Am Schluss des Abends gingen alle mit dem guten Gefühl nach Hause, ein kleines Stück Toleranz und gegenseitiger Wertschätzung gelernt zu haben, zumal eine Frau ganz anschaulich erzählte, wie freundlich sie inzwischen mit ihrer muslimischen Schwiegertochter umgehe – und gemeinsam Ramadan und Weihnachten in der Familie feiere.