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Vilstal-Gemeinden machen gemeinsam Programm

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Beim vierten Abend „VilsKultur“ war am Samstag der große Saal des Kultur-Schlosses Theuern bis auf den letzten Platz besetzt. Viele Facetten kulturellen Lebens von heimischer Tracht und überseeischen Rhythmen, Ensdorfer Klosterwissen und aktueller Filmmusik zeigten Mitwirkende der drei Gemeinden am Mittellauf der Vils: Ebermannsdorf, Ensdorf und Kümmersbruck.

Museumsleiter Michael Ritz begrüßte auch die drei Bürgermeister Josef Gilch, Markus Dollacker und Herbert Breitkopf. Ortsheimatpflegerin Christine Schormüller (Ebermannsdorf) stellte das seit fünf Jahren bestehende Nachwuchsorchester der Jugendblaskapelle St. Konrad, die es seit 1992 gibt, vor. „Die 30 jungen Musikanten bekamen ihre musikalische Ausbildung alle im Verein“, betonte sie. Schwungvoll-schmissig und konzertant spielten diese dann unter Leitung von Kapellmeister Josef Lobenhofer exzellent „Young life“ von Manfred Schneider, „Russisches Tagebuch“, ein buntes Potpouri russischer Lieder, sowie eine Medley der oskargekrönten Filmmusik aus „Fluch der Karibik“. Die tolle Leistung des Nachwuchsorchesters quittierte das Publikum mit lang anhaltendem begeisterten  Beifall und Bravo-Rufen.

Isabel Lautenschlager vom Heimat- und Kulturverein Ensdorf stellte kurz „Ensdorf, die Perle des Vilstales“ vor, wo bereits im 12. Jahrhundert ein Benediktinerkloster gegründet wurde, das 1802 als erstes der Oberpfalz durch die Säkularisation aufgelöst wurde. Seit 1920 wirken in dem barocken Klosterkomplex und der Asamkirche St. Jakobus die Salesianer Don Boscos vor allem in der Jugend- und Bildungsarbeit. Über 12000 Übernachtungen zählen sie ob ihres breiten Angebotes in Haus der Begegnung, der Umweltstation und Umwelt-Musikwerkstatt. Alfred Wolfsteiner, selbst einmal Klosterschüler in Ensdorf und jetzt Stadtbibliothekar von Schwandorf, tauchte das Publikum in die Küchengeheimnisse des 18. Jahrhunderts ein. Als Mitherausgeber stellte er das Werk „Der Speißmeister“ des Ensdorfer Priors Odilo Schreger, der viele Bücher geschrieben hat, vor.

„Vilß, ein nicht zu grosser Fluß, entspringet zu Vilseck einem Städtlein im Bischoffthum Bamberg, hart an der Ober-Pfältzischen Gräntzen, durchstömet die Obere Pfaltz und fliesset zu Kallmüntz in die Nab. Sie ist schiffreich und gehen die Schiffe von Amberg aus nach Regensburg, um alldorten Saltz abzuholen. Es gibt treffliche Fisch darin, absonderlich gute Krebs, aber die Amberger Schiff, die um Saltz gehen, thun ihnen sehr großen Schaden“, zitierte zu zunächst aus Schregers Buch „Zur nutzlichen Zeit-Anwendung zusamm getragener Auszug der Merckwürdigen Sachen“ von 1755, wo dieser unter dem Kapitel „Berühmte Flüsse“ die Vils geschildert hat. Odilo Schreger verfasste viele Bücher, die noch Jahrzehnte nach seinem Tod zum Teil in über 15 Auflagen erschienen sind. Er war ein „Bestsellerautor“ seiner Zeit.

Der „Speißmeister oder nutzlicher Unterricht von Essen und Trincken“ erschien erstmals 1766. Darin präsentiert der ehemalige Küchenmeister des Klosters Ensdorf in volksnaher Form seinen Lesern eine umfassende Lebensmittelkunde der damaligen Zeit, verknüpft mit Ratschlägen zurr gesunden Ernährung und Diät, eine Reihe von Hausmitteln, zahlreiche Hinweise auf den Arznei- und Therapieschatz der Klostermedizin, zeitgenössische Rezepte und vor allem Hinweise für gesundes Essen und Trinken  und für das richtige Verhalten bei Tisch. „Das Fressen hat bey jetziger Welt also eingerissen, dass man nicht mehr, wie vor diesem mit gemeiner teutschen Kocherey vorlieb nimmt“, schreibt Schreger und erklärt: „gemässig essen und trincken ist menschlich, überflüssig Fressen und Saufen ist Viehisch, ja über viehisch. Es frisst der Ochs, es saufft der Esel, niemals über die Maaß … Allein der Mensch frisst und saufft nicht menschlich, sondern viehisch.“

Gar köstlich zu lesen sind seine Ausführungen zu den Tischsitten. Im „Speißmeister“ werden alle damals bekannten Speisen, von den Grundnahrungsmitteln bis zu kulinarischen Besonderheiten aufgelistet. Ein eigenes Kapitel gilt natürlich den Getränken vom Wein und Bier über den Tee und den Kakao (Chocolade) bis zum „Sauer-Brunnen-Wasser“ (Mineralwasser) und dem „Birckenwasser-Trank“. Bei jedem Kapitel bzw. jeder Speise steht dabei, wie es sich auf die Gesundheit auswirkt und wann die jeweilige Speise am bekömmlichsten ist. Aus dem Kapitel „Von dem Bier“ zitierte Wolfsteiner: „Es giebt Braun- und weisses Bier. Das Braune wird aus Wasser, Gerste, Maltz und Hopfen; das Weisse aber aus asser, Weitzen-Maltz und etwas Hopfen gekocht. Das weisse Bier oder Weitzen-Bier ist nicht für jedermann“ … „Das Braune Bier ist gesünder als das weisse. Es gibt gute Nahrung, stärket den Magen, machet gutes Geblüt, und ein lebhaffte Farb, stärket die Glieder, und vertreibet und verhütet es das Podagra (Gicht).“

Abschließend gab Wolfsteiner seinen Zuhörern noch folgenden Gesundheits-Tipp Schregers mit auf den Weg: „Willst du vor Krankheit bleiben frey, Meid Sorg, Zorn, Melancholey. Halt mäßig Mahlzeit, sitz nicht lang, Dann wird dir des Nachts auch nicht bang. Den Trunk dir spar, verschon den Wein, Laß auf die Nacht viel Naschen sein; Was die Natur abtreiben will Verhalt es nicht, hat alls sein Ziel. So wirst du bleiben frisch und gesund, Erleben auch viel Jahr und Stund.“

In der Pause bewirtete der Kirchenbau- und Förderverein Martin-Schalling-Haus Kümmersbruck mit allerlei leckeren Broten und Getränken. Anschließend stellte Volker Weymayr von Kunst-Kultur Kümmersbruck den Trachtenverein „D’ Vilstaler“ vor. 1949 gegründet zählt der Verein 145 Mitglieder. Vorsitzender Eckhard Papenfuß und seine Stellvertreterin Sandra Holler stellten Miesbacher und Oberpfälzer Tracht vor. „Die Oberpfälzer Volkstracht schlechthin gibt es nicht, sondern eine Vielfalt, an Region und Menschen angepasst“, betonten sie. Mitglieder des Trachtenvereins zweigten Volkstänze.

Den Abschluss des Abends bildete eine „Reise um die Welt“. Die Trommel- und Gesangsgruppe „Cababana“ aus Kümmersbruck unter Leitung von Agnes Kramer entführte mit Melodien und vielfältigen Rhythmen das Publikum nach Nordamerika, Mali, Persien, Spanien, Peru und Mexiko.

„VilsKultur“ will Kultur aus den Gemeinden und von den Vereinen für alle Bürger und Gäste im Unteren Vilstal und aus dem ganzen Landkreis. Dabei haben sich die Beteiligten entschie-den, den Begriff „Kultur“ weit fassen: Das heißt, aus der eigenen Mitte heraus Kultur zu schaffen, mit ortsansässigen Künstlern, Musikern und Vereinen. An „VilsKultur“ beteiligen sich Ebermannsdorf, Ensdorf und Kümmersbruck sowie KulturSchloss Theuern Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern. Als Logo wählten sie sich die Libelle „Grüne Keiljungfer“ (Ophiogomphus cecilia), eine seltene, sehr bedrohte Libellenart, die an der Vils noch zu fin-den ist. Seit 2007 arbeiten die drei Gemeinden Ebermannsdorf, Ensdorf und Kümmersbruck unter diesem Zeichen zusammen.