Sakristei als besonderes Schmuckstück
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
„Die Ausstattung der Sakristei des Klosters Ensdorf präsentiert sich als besonderes Schmuckstück. In ihrer Qualität ist sie mit der von Kloster Waldsassen vergleichbar, steht ihr keinesfalls hinterher“, betont Architektin Carola Setz, die mit den Sanierungs- und Renovierungsarbeiten befasst ist. Das aufwändig geschnitzte Frührokokoensemble besteht aus der Verbindungstür zwischen Kirche und Sakristei, drei Schränken, einem Lavabo, einem Betschemel mit Kreuzigungsgruppe sowie zwei Rahmen für Verzeichnisse.
Nach der auf einem der Schränke aufgebrachten Datierung entstand das Mobiliar um1743, also mitten im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740 bis 1748). Dieser brachte für Ensdorf hohe Kriegslasten, da „alles Geld für die österreichischen Soldaten aufgegangen“ ist. „Aber die Klosterrechnungen enthalten keine Angaben über die finanziellen Aufwendungen für die Sakristei; deshalb kennen wir auch den Meister nicht“, heißt es in dem vom verstorbenen Ensdorfer Chronisten Pater Dr. Hans Zitzelsberger erstellten Kirchenführer. „Grund dafür sind sicherlich diese Kriegszeiten, die besonders Ausstattungsvorhaben unmöglich machten und lediglich nötigste Maßnahmen zuließen. Ein Großteil der Finanzmittel konzentrierte sich damals in Ensdorf auf die Verpflegung der im Kloster untergebrachten Soldaten, auf Kontributionen sowie auf die Unterstützung der Untertanen“, erklärt Kunsthistorikerin Sabine Tausch. „Explizit wurden 1743 und 1744 einmal ca. 1322 fl., das andere mal 2885 fl. Für die Verpflegung der Kompagnie des Feldmarschalls Balayra aufgewendet. Daher ist es kaum vorstellbar, dass das Kloster zu dieser zeit in der Lage war, einen derart kostenaufwändigen Auftrag zu realisieren. Des Weiteren wurden die Rechnungsbücher stets penibel geführt, so dass es verwundern würde, keinerlei Notizen zu den Ausgaben auf die Sakristei zu finden. Es drängt sich der Gedanke auf, ob in diesem Falle nicht eine persönliche Stiftung vorliegt, die sich nicht in der Klosterbuchführung niederschlug.“
An der Nordwand der Sakristei steht der prächtige Ankleideschrank des Abtes mit einer geschnitzten Pelikangruppe sowie einem Bild der Emmausjünger als Bekrönung. Der sich die Brust aufreißende Pelikan, der sein Blut für das Leben seiner Jungen gibt, symbolisiert den Opfertod Jesu Christi zur Erlösung der Menschen. Die mittleren beiden Schranktüren zeigen das apokalyptische Lamm auf dem Buch mit sieben siegeln und das Wappen des Abtes Anselm Meiller (1716 bis 1761) sowie die Datierung 1743. Links neben diesem Schrank neben der Tür zur Kirche steht ein Betschemel mit Pult, auf das eine ausdrucksstarke Kreuzigungsgruppe angebracht ist.
In der Mitte der Westwand befindet sich das Lavabo mit einem Wasserbecken in einer Nische. Die rahmenden Schnitzerein stehen mit der liturgischen Bedeutung von Wasser in Verbindung. Flankiert von Fischen sowie Putten mit Fischschwänzen hat der Schnitzer die Szene von Christus und der Samariterin am Jakobsbrunnen dargestellt. Sie dient auch der Darstellung der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer.
Zu beiden Seiten des Lavabo sind zwei Schriftstücke innerhalb reich geschnitzter Rahmungen angebracht. Das linke listet die 30 Klöster auf, mit denen Gebetsbruderschaften bestanden. Darunter Ober- und Niederaltaich, Andechs, Benediktbeuern, Frauenzell, Metten, St. Emmeram in Regensburg, Scheyern, Tegernsee oder Weltenburg. In den Rahmen sind gemalte Fegefeuerszenen eingebunden. U. a. auch eines Engels im weißblauen Rautengewand! Das rechte zeigt markante Punkte der Klostergeschichte.
„Die Südwand wird von einem mächtigen fünftürigen Ankleideschrank eingenommen, dessen gliedernde Hermengestalten aufgrund der Löwenfellkleidung mit Herkules identifiziert werden. Als Bekrönung fungiert ein Doppelkopfadler mit den Reichsinsignien, der auf einem Ölbild sitzt, das Maria zeigt, wie sie einem Abt das Messgewand überreicht. Als Atlanten posieren merkwürdige Figuren des sagenhaften Herkules. Der Doppelkopfadler könnte als Verweis auf den damaligen Kaiser Karl VII. (1742 bis 1745) dienen, der dem Hause Wittelsbach, also dem Stifterhaus des Klosters Ensdorf, entstammte. Somit wurde er schon von früheren Autoren als möglicher Stifter der Ausstattung in Betracht gezogen“, erläutert Kunsthistorikerin Sabine Tausch.
Zwischen den beiden Fenstern an der Ostseite befindet sich der Schrank zur Aufbewahrung von Kelchen. Das bekrönte Bild zeigt als Hinweis auf seine Funktion neben Gottvater Christus, wie er einem Priester einen Kelch überreicht, begleitet von den Worten ACCIPITE HIC EST ENIM CALIX SANGUINIE MEI. Um die Szene sind sechs geschnitzte Putten mit Atributen der drei göttlichen Tugenden des Glaubens (Kreuz, Kelch), Liebe (sich umarmende Putten) und Hoffnung (Anker) sowie von zwei Kardinalstugenden Gerechtigkeit (Schwert, Waage) und die Standhaftigkeit und Treue (Säule), gruppiert.
Im Zuge der Säkularisation wurde 1802 auch die Sakristei inventarisiert und dabei der Wert der gesamten Einrichtung auf lediglich zweimal 55 Gulden geschätzt. Alle kirchlichen Gegenstände aus Edelmetall wie Kelche, Monstranzen und Leuchter wurden zum Einschmelzen bestimmt“, weiß die Kunsthistorikerin.
Bei Holzuntersuchungen stellte Stephan Biebl aus Benediktbeuern auch in der Sakristei „massive Schäden durch Holzwurmbefall“ fest. Welche geeignete Schädlingsbekämpfung in Angriff genommen wird, steht noch nicht sicher fest.
Wer einen finanziellen Beitrag zur Renovierung und Sanierung des Innenraums der Kirche st. Jakobus und damit auch der Sakristei leistet möchte, kann Geld auf das Spendenkonto 500 206 784, Kennwort Kirchenrenovierung, bei der Raiffeisenbank Unteres Vilstal, BLZ 760 696 11, einzahlen.
Neben dem Lavabo findet sich in der Sakristei auch eine Darstellung eines Engels in weiß-blauem Rautengewand. Diese hat der bekannte bayerische Dichter Josef Fendl in „Extra Bavariam nulla vita!“ verewigt. Sein Wortlaut: „In der Sakristei der Klosterkirche Ensdorf in der oberen Pfalz steht in der Kartusche eines Schranks ein weiß-blau gerauteter Engel. Diese bayerische Erscheinung stärkt einen im Fegfeuer (der hochdeutschen Sprache?) arg geschundenen homo baiwaricus mit seinen heilsamen Tröstungen. ‚Extra Bavariam nulla vita!’ hatte einmal ein bayerischer Mönch in seinen pergamentenen Kodex notiert: ‚Außerhalb Bayerns kein Leben. Und sollte es doch eines geben, dann sicher keines wie dieses ...’ Ist dies anmaßend, frevelhaft gar? Es ist Wunsch und Wahrheit zugleich!“