Leuchtender Advent - drittes Fenster
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
Zur Begrüßung wurde gemeinsam „Macht hoch die Tür…“ gesungen. Dann wurde gebetet: „Dass alles klein anfängt, lernen wir Jahr für Jahr von dir, Jahr für Jahr an der Krippe. Der Herr der Welten, der Herr der Zeiten, der Herr der Herren liegt im Stall. Würde nicht dein Wort uns davon erzählen, würde nicht die Bibel selbst alles schildern, fast wie Hohn würde es klingen: Ein Gott im Stroh. Nackt und elend bei den Tieren. Der große König und Herrscher kann nicht im Dreckliegen. Das muss ein böses Gerücht sein. Du aber zeigst uns die wahre Größe und wirst ganz klein. Liegst hilflos bei denen, die selbstganz unten sind. Und ungeahnt bewegst du die ganze Welt.“
Immer wieder von Flötenspiel mit dem Lied „Wir sagen euch an den lieben Advent“ unterbrochen wurde von verschiedenen Ministranten die Geschichte „Das Hirtenlied“ von Max Bollinger vorgetragen. Darin geht es um einen alten Hirten, der die Nacht liebte und um den Lauf der Gestirne wusste. ER wird kommen, sagt er zu seinem Enkel, der darauf fragte: „Wann?“ Der Großvater antwortete: „Bald!“ Und der Enkel darauf: „Das sagst du schon seit Jahren! Wird ER eine goldene Krone tragen? Ein silbernes Schwert? Einen purpurnen Mantel?“ Als der Großvater mit Ja, ja antwortet, ist der Junge zufrieden und übte weiter sein Hirtenlied auf der Flöte. Als der alte Hirte aber fragte, ob er auch für einen König ohne all dies spielen würde, verneinte der Junge. Wie sollte auch ein König ohne Krone, Schwert und Purpurmantel ihn für sein Lied beschenken, ihn reich machen? Der alte Hirte wurde traurig. Warum versprach er dem Enkel, was er selbst nicht glaubte? Wie würde ER kommen? Auf Wolken aus dem Himmel? Aus der Ewigkeit? Als Kind? Arm oder reich? Bestimmt ohne Krone, Schwert und Purpurmantel – und doch mächtiger als alle anderen Könige. Wie sollte er das dem Enkel begreiflich machen?
Eines Nachts aber standen die Zeichen am Himmel, nach denen der Großvater Ausschau gehalten hatte. Die Sterne leuchteten heller als sonst. Über der Stadt Bethlehem stand ein großer Stern. Und dann erschienen die Engel und sagten: „Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren!“ Da lief der Junge voraus, dem Licht entgegen. Unter dem Fell auf seiner Brust spürte er die Flöte. Dann stand er vor dem Kind und starrte es an, wie es so in Windeln in der Krippe lag. Ein Mann und eine Frau betrachteten es froh. Die anderen Hirten fielen vor dem Kind auf die Knie. Der Großvater betete es an. Da fragte der Hirtenknabe: „Ist das nun der König, den du mir versprochen hast? Nein, das muss ein Irrtum sein!“ Nie würde er sein Lied spielen, drehte sich um, enttäuscht. Von Trotz erfüllt trat er in die Nacht hinaus. Da sah er weder den offenen Himmel noch die Engel, die über dem Stall schwebten. Aber dann hörte er dass Kind weinen. Er wollte es nicht hören, hielt sich die Ohren zu und lief weiter. Doch das Weinen verfolgte ihn, ging ihm zu Herzen, zog ihn zur Krippe zurück.
Da stand er zum zweiten Mal, sah wie Maria und Joseph und auch die Hirten erschrocken das weinende Kind vergeblich zu trösten versuchten. Was fehlte nur? Da konnte er nicht anders. Er zog seine Flöte hervor und spielte sein Lied. Das Kind wurde still. Der letzte leise Schluchzer in seiner Kehle verstummt. Es schaute den Jungen an und lächelte. Da wurde er froh und spürte, wie das Lächeln reicher machte als Gold und Silber. Mit drei Strophen des Liedes „Wir sagen euch an den lieben Advent“ endete die Eröffnung des dritten Fensters zum „Leuchtenden Advent“.
Das vierte Fenster zum „Leuchtenden Advent“ eröffnen am Sonntag um 17 Uhr die Pfadfinder und übergeben das Friedenslicht aus Bethlehem. Die Fenster werden bis 6. Januar, dem Dreikönigsfest, beleuchtet. Täglich von 6 bis 8 Uhr und von 16 bis 22 Uhr.