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Interreligiöser Gesprächsabend im Kloster

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Im Mittelpunkt eines interreligiösen Gesprächsabends im Kloster Ensdorf stand die Überlegung, was den großen Weltreligionen letztlich doch gemeinsam an globalen Werten wichtig ist. Unter dem roten Faden „Die goldene Regel“ kann in diesem Sinne alles zusammengefasst werden, was dem Christentum, dem Islam, dem Judentum dem Buddhismus und Hinduismus eine ganz ähnliche Überzeugung darstellt. Was im Volksmund „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg doch auch dem anderen nicht zu“ sehr einfach, aber äußerst stimmig klingt, das ist in jeder der großen Weltreligionen als ethisches Zentrum zuhause.

Um diese wichtige Erkenntnis ging es an diesem Abend, an dem der Leiter der muslimischen Gemeinde in Amberg, Herr Imam Salih Taskin, im Kloster zu Gast war. Im Rahmen der derzeit laufenden Wanderausstellung „Weltethos“ im Kreuzgang des Klosters im Erdgeschoss, die aus 15 Tafeln bestehend tagsüber jederzeit ohne Eintritt zu besichtigen ist, wurde versucht, gerade im christlich-muslimischen Dialog bestehende ethische Gemeinsamkeiten zu entdecken, aber natürlich auch offene Unterschiede in diesem heute so notwendigen Glaubensgespräch nicht zu verschweigen.

Am Anfang wurde vonseiten des Imam aus Amberg auf drei ausgewählte Gottesnamen von den 99 Namen Allahs eingegangen: „Gott ist barmherzig“, „Gott ist der Sicherheit und Frieden verleihende“, „Gott ist der Wächter und Schöpfer“. Frau Sergi Acar aus Amberg übersetzte jeweils diese geistlichen Gedanken des Imam, der zwar die deutsche Sprache verstehen kann, selber aber nicht in Deutsch referierte. Im religiösen Gottesbild verbinde uns viel mehr als uns trennt, so führte der Imam gleich zu Anfang aus. Salesianerpater Alfred Lindner unterstrich diese gemeinsame Erfahrung, indem er aus einer interreligiösen Diplomarbeit von Präfekt Gerhard Pöpperl aus Regensburg zitierte, der dort mit Verweis auf den großen Theologen-Papst Benedikt XI. konkret ausführt: „Islam und Christentum sind ein gemeinsames Grundverständnis zu eigen, wenn wir über das Mitleid und die Barmherzigkeit als Eigenschaften Gottes für unsere Welt heute nachdenken.“

Aber es gab auch die große Unterschiede in den Glaubensauffassungen beider Religionen, wenn der Imam selbstverständlich meinte: „Gott kann für einen Muslim nicht irdischer Mensch werden, wie die Christen am kommenden Weihnachtsfest glauben. Und Pater Lindner: „Das ist - mit aller Gelassenheit gesehen - der größte Unterschied zum Islam hin, dass sich ein gläubiger Muslim diese wunderbare und frohe Botschaft in Bethlehem nicht mal in seiner spirituellen Sehnsucht vorstellen möchte, dass der Schöpfergott der Christen wirklich leibhaftig Mensch, ja zuerst ein kleines Kind und Baby geworden ist, bevor er dann den Willen Gottes auf Erden vor 2000 Jahren allen Menschen verkündet hat. Und trotzdem ist auch jedem Muslim klar, dass er sich nach diesem Willen Gottes richten soll, für ihn natürlich im heiligen Buch des Koran. Der Gegner ist also nicht der Andersgläubige, sondern der Atheist, das heißt, derjenige, der sich eben nicht an den Geboten im Koran oder in der Bibel richten will, sondern der meint, er müsse allein nur aus seinen menschlichen Werten heraus praktisch handeln und der z.B. auch meint, dass unsere Welt rein zufällig da und entstanden ist – und eben kein Schöpfergott dahinter steht und machtvoll wirkt.“

Es folgte ein sehr lebhaftes und engagiertes Gespräch der insgesamt 14 Teilnehmer, davon über die Hälfte aus der Stadt Amberg. Marianne Moosburger aus Hahnbach fragte nach, ob denn Adam und Eva wirklich historische Personen im Islam darstellen. Imam Taskin antwortete: „Das glauben wir, weil ja die wissenschaftliche Vorstellung der Millionenjahre langen Evolution des Menschen nur eine bloße Theorie für die Welt des Koran darstellt und überhaupt nicht bewiesen ist. Jürgen Engelmann aus Amberg vertiefte seine Einschätzung, wenn er nachhakte: „Jesus ist ja nach mehrfachem Zeugnis der Bibel gestorben und von den Toten auferstanden, aber nach Auffassung im Islam nicht, sondern als Prophet in den Himmel aufgefahren. Warum besteht diese Überzeugung?“ Der Imam: „Ja, Jesus ist nicht gestorben, dafür Judas, der ihn verraten hat. So steht es im Koran.“

Dieser Abend war für alle ein richtig lebendiger Glaubensabend, weil in dieser kleinen Gruppe von religiös Interessierten eine sehr spontane und intensive argumentative Auseinandersetzung im Kloster möglich war. Der Imam hat abschließend alle in seine Moschee nach Amberg eingeladen, um diesen Glaubens-Talk-Kreis in Zukunft nicht versanden, sondern motivierend weiterzuführen, ja vertiefen zu können.

Die genannte Ausstellung „Welt-Ethos“ mit der bekannten religiösen „Goldenen Regel“ ist bis zur Adventszeit im Kloster Ensdorf zu erleben. Auf Anfrage im Kloster – oder direkt bei Pater Alfred Lindner SDB -  wird fast zu jeder Tageszeit eine Weltethos-Führung angeboten, für Schulklassen und alle Generationen, mit anschließendem Gespräch und Kurzfilm – auch für kleine Gruppen „religiös Neugieriger“, z.B. nur ein Auto voll.