Interreligiöser Gesprächsabend im Kloster
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
Engagierte junge Leute von 17 bis 36 Jahren gaben Einblick in ihr überzeugtes Glaubensleben als Moslems und Christen. Nicht nur mit Hilfe der 15 sehr kreativ gestalteten Tafeln mit den pastoralen Anliegen dieses wichtigen katholischen Konzils wollte man sich mit den damals für viele Gläubige sehr positiven und erfreulichen Ergebnissen auseinandersetzen, sondern über diesen gut gelungenen theoretischen Bildungsbeitrag hinauskommen – und ganz praktisch und persönlich z.B. das anspruchsvolle Thema der Religionsfreiheit im Verständnis der Weltreligionen Islam und Christentum miteinander untersuchen. Zwei muslimische junge Erwachsene von der türkisch-islamischen Gemeinde in Burglengenfeld und drei katholische junge Leute aus Teublitz und Hirschau gaben kurze Statements zu drei grundsätzlichen Erfahrungen wieder. Dabei wurde versucht, Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten herauszustellen.
Die Runde beschränkte sich auf folgende drei spirituelle Impulsfragen: die vorbildliche Glaubens-Gestalt und die heilige Figur des Propheten Abraham, die Vorstellung eines einzigen Schöpfergottes, der für das ganze Universum verantwortlich ist und schließlich die gegenseitige Rechenschaft über die religiöse Hoffnung auf ein Paradies und einen Himmel nach dem irdischen Leben. Islam und Christentum finden sich so in einem intensiven Bündnis des gemeinsamen inter-religiösen Glaubens an einen einzigen Gott – gegen jeglichen Atheismus und gegen jeden Zufälligkeits-Glauben.
Cemal (36) stellte heraus, dass im Islam Gott einzigartig sei, weil er die große Macht hat, buchstäblich alles zu schaffen und es deshalb keine Götzen geben könne. Erol (25) führte aus, dass von daher jeder Gott-Gläubige von Seiten des Islam toleriert und respektiert wird, da jeder in seiner Religion frei sei. Es war ja auch die große Leistung des 2.Vatikanischen Konzils, wie Florentin (16) bemerkte, dass der Jahrhundertalte Glaube in der Kirche auf die Höhe unserer heutigen modernen Zeit übertragen und beispielsweise klar gesagt wurde, dass sich die wissenschaftliche Erklärung der Entstehung des Kosmos durch Evolution und Urknall nicht mit den Schöpfungs-Gedanken in der Bibel widerspricht, da ja schon dort von zwei ganz verschiedenen Schöpfungsberichten die Rede ist. Dominik (19) mahnte an, dass das unnötige Reden von der Sonntagspflicht für junge Menschen Gift sei – und sie sich dann von der Kirche durch ihren Zwang leider abgestoßen fühlen. Sebastian (17) stellte Abraham als beispielhaften Menschen hin, der durch seine eigene freie Überzeugung zum Glauben an den einen Sternen-Gott, von dem später Jesus erzählt hat, gefunden habe.
In der Diskussion nachher wurden persönliche Erfahrungen ausgetauscht. Selbst im eigentlich christlichen Bayernland existiert heute keine Volkskirche mehr, sondern eher eine reine Entscheidungskirche zu beobachten ist. So stellte man selbstkritisch für die Welt des Islam und des Christentums fest, dass zur Zeit in beiden Glaubensgemeinschaften nur wenige junge Leute den Weg in die Kirche oder Moschee finden. Es helfe aber, gerade Kindern in der Familie und Gemeinde einen glaubwürdigen persönlichen Zugang zu verschaffen und so tief motivierend - ja im besten Sinne missionarisch zu wirken - indem auf die ganz einfachen Fragen ganz glaubwürdig eingegangen wird, was Ehrlichkeit und Offenheit und nicht gleich wieder dogmatisches Denken erfordert. Gerade die katholische Kirche würde sich mit solchem freien, ja „tänzerischen Denken“ schwer tun. Aber wenn Vernunft und Verstand ausgeschaltet wird, ist schnell tödlicher Fanatismus da, und zwar in allen möglichen Religionen, leider auch im Christentum. Solchen entscheidenden Fragen wäre eben dann auch unter Erwachsenen redlich und mit aller Ruhe nachzugehen, wie:
Wer ist Gott? Was macht er sichtbar für unsere Welt? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Was heißt Religionsfreiheit heute wirklich? Muss ich Angst haben in diesem multi-religiösem Gespräch, so dass mein eigener Glaube flöten geht, weil jeder sich sozusagen auf bequeme Art und Weise eben seinen sympathischen „Patchwork-Glauben“ zurechtzimmert? Oder kann ich nicht gerade durch die gesunde Provokation einer solchen geistlichen Auseinandersetzung zu meinen eigenen religiösen Quellen im Islam und Christentum wieder zufriedenstellend zurückfinden – und habe sogar nebenbei auch noch tiefe Toleranz und wahren Respekt vor dem Anderen gelernt?