Frieden fängt bei uns an
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
Nach einem feierlichen und denkwürdigen Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Jakobus gedachten – wie in den Filialen Thanheim und Wolfsbach – Gläubige der vielen Gefallenen, Vermissten und Verstorbenen nicht nur der beiden Weltkriege und des nationalsozialistischen Regimes, sondern auch von Terrorismus und Bürgerkriegen in aller Welt, nicht zuletzt der in Auslandseinsätzen gefallenen deutschen Soldaten.
„Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“, zitierte Pfarrer Pater Hermann Sturm einen englischen Staatsphilosophen. Wenn man in die lange Geschichte der Menschheit bis heute schaue, scheint er Recht zu haben. „Unmenschlichkeiten und Kriege gibt es bis heute obwohl die Sehnsucht nach Frieden bei den Menschen vorhanden ist. Wo Gott und seine Grundgebote nicht mehr anerkannt wird es weder Menschlichkeit noch Frieden geben. Wo Gott abgeschafft wird herrscht Unheil. Am heutigen Volkstrauertag stehen wir vor dem Kriegerdenkmal im Gedenken an die Opfer von Gewalt und Krieg, Kinder, Frauen und Männer aller Völker. Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft , als Vertrieben und Flüchtlinge ihr Leben verloren; die verfolgt oder getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde; die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft leisteten, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder ihrem Glauben festhielten“, so der Geistliche. „Wir trauern um Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, von Terrorismus und politischer Verfolgung, sinnloser Gewalt. Wir trauern mit den Müttern und mit allen, die Leid tragen um die Toten.“ Pfarrer Sturm betonte: „Doch unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der Welt.“
Bevor Bürgermeister Markus Dollacker seine Ansprache zum Volkstrauertag hielt, spielte die Blaskapelle „So nimm denn meine Hände“.
„Seit mehr als 68 Jahren herrscht in unserer Gemeinde Friede. Die meisten Menschen wünschen sich nichts sehnlicher als in Frieden leben zu können. Ganz gleich ob in Europa, Afrika oder Asien. Niemand möchte, dass Eltern, Kinder oder Freunde in einem Krieg verwundet oder gar getötet werden. Für sie alle ist Frieden, wenn es keinen Krieg in ihrem Heimat, ihrem Land oder ihrer Stadt gibt“, erklärte Bürgermeister Markus Dollacker. Doch wenn man sich mit anderen Menschen über Frieden unterhalte, werde rasch deutlich, das jeder sich etwas anderes unter Frieden vorstalle. „Für die einen ist Frieden, wenn sie nicht jeden Tag heftigen Streit in der Familie oder mit Nachbarn erleben müssen. Andere sind über die Zerstörung der Umwelt empört und fordern einen Frieden der Menschen mit der Natur. Hunger und Armut verhindern, denken wieder andere. Und muss nicht jeder Mensch zuerst mit sich selbst ins Reine kommen, damit es Frieden geben kann?“
„Frieden fängt bei uns in der Gemeinde durch Respekt und Solidarität an. Frieden fängt bei dir an, wenn du die Friedensbotschaft lebst und sie in die Welt trägst. Frieden fängt durch mich an“, betonte er weiter. Nur in der Erinnerung an die Grausamkeiten der Weltkriege und der NS-Zeit werde uns immer wieder bewusst, wie wertvoll unser Leben ist, und wir alles für den erhalt des Friedens tun müssen. In diesem Sinne sei auch der Satz Mahatma Ghandis gemeint: „Es gibt keinen weg zum Frieden – Frieden ist der Weg“. Fünf große Feinde des Friedens machte Dollacker aus: Habgier, Ehrgeiz, Neid, Wut und Stolz. „Wenn diese Feinde vertrieben werden könnten, würden wir zweifellos dauerhaften Frieden genießen.“
„Der Friede aber ist brüchig“, mahnte Dollacker. „Allzu oft standen wir am Rande des Eintritts in neue Konflikte und um uns herum ist die Welt nicht ruhiger geworden. Mörderische Konflikte toben auf der ganzen Welt und wir dürfen gerade am heutigen Tag nicht vergessen, dass auch unsere deutschen Soldaten und Polizisten in Kriegsgebieten ihren schweren Dienst verrichten, ohne zu wissen, ob sie von ihren Einsätzen wieder heil zurückkehren werden.“
„Ehre gebührt überall auf der Welt: Allen Soldaten, die in Uniform und denen im Untergrund, die im Kampf für Bestand und Freiheit ihres Vaterlandes den Tod gefunden haben; allen, die gestorben sind, weil sie die Gebote der Menschlichkeit höher achteten als die Befehle eine Regimes der Unmenschlichkeit; allen, die den Tod im Widerstand gegen die Schändung der Menschenwürde gefunden haben; allen, die um ihres Glaubens, ihres Volkstums, ihrer Gesinnung willen zertreten wurden; allen, die gewaltsamen Tod ihrer Angehörigen verkraften müssen; allen, die unter den Folgen auch lange nach dem Ende von Krieg und Gewaltherrschaft leiden – überall in der Welt“, betonte der Bürgermeister und wiederholte eindringlich: „Friede fängt bei uns an. Dies ist Aufgabe jedes einzelnen Bürgers. Die Verantwortung dafür darf niemand delegieren an Staat, Politik, Schule, Verbände, Medien. Wir sind verantwortlich, unsere Generation, jeder an seinem Platz! Kein Krieg ist heilig, kein Krieg ist gerecht. Im Teufelskreis der Waffen wird gestorben und gerächt. Kein Krieg ist edel, kein Krieg lebt von Mut. Er ist unvorstellbar grausam und auch für die sogenannten Sieger nur zum Verlieren gut.“
Zu „Ich hatt’ einen Kameraden“ senkten sich die Fahnen und Bürgermeister Markus Dollacker legte mit dem Vorsitzenden des Krieger- und Reservistenvereins, Erich Brem, „im Gedenken aller Toten und Opfer“ einen Kranz nieder, während Peter Hammer Ehrensalut schoss und die Kirchenglocken läuteten. Mit der Bayernhymne und dem Deutschlandlied endete die würdige Gedenkfeier zum Volkstrauertag in Ensdorf.