Fachstellengespräch zum Hochwasserrisiko
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
In seinen Begrüßungsworten erinnerte Dr. Hans Weiß vom Wasserwirtschaftsamt Weiden an das vor gut einem Jahr abgelaufene außerordentliche Hochwasser, bei dem - wenngleich auch in unserer Region alles glimpflich abgelaufen ist - an Donau und Nebenflüssen sehr hohe Schäden entstanden sind. Thema war heute die Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie, eine EU-Vorschrift, die inzwischen auch ins nationale und bayerische Wasserrecht aufgenommen worden ist.
Die Wasserwirtschaftsverwaltung hatte schon in den letzten Jahren verschiedene Überschwemmungsszenarien gerechnet und konnte deshalb am Dienstag die Ergebnisse in Form von neuen Überschwemmungskarten präsentieren. Man hatte für die Vils und den Schusterbach ein 100-jährliches Hochwasser (sogenanntes HQ100) und ein Extremhochwasser (etwa ein statistisch 1000-jährliches Ereignis) ermittelt. Für den Schusterbach in Ensdorf waren zusätzlich dazu die Grenzen für ein 10-jährliches Hochwasser bestimmt worden.
In seinem Einführungsvortrag ging Projektleiter Peter Fröhlich vom Wasserwirtschaftsamt Weiden besonders auf die Karteninhalte ein. So stehen den Katastrophenschutzbehörden nun nicht nur Informationen zu Wassertiefen und Ausdehnung der Hochwasserflächen zur Verfügung. Auch die Kenntnis von besonders gefährdeten Objekten wird nun festgehalten.
Bei der anschließenden Erhebung und Diskussion beteiligten sich die beiden Bürgermeister Markus Dollacker (Ensdorf) und Roland Strehl (Kümmersbruck) mit guter Ortskenntnis. Auch die anwesenden Vertreter der Freiwilligen Feuerwehren Michael Reindl (Haselmühl), Richard Schwarz (Theuern), Michael Ott (FFW Ensdorf) – unterstützt vom Landkreis (KBM Hubert Haller und KBI Hubert Blödt) konnten ihre Erfahrungen aus abgelaufenen Hochwässern bestens einbringen.
Auch wenn bei dem „Jahrhunderthochwasser“ die betroffenen Bereiche noch halbwegs überschaubar waren – schließlich ist das HQ100 der Bewertungsmaßstab bei Genehmigungsverfahren - konnten einige bedenkliche Feststellungen gemacht werden: Verkehrswege, hier vor allem die Staatstraße 2165 ist an einigen Stellen, z. B. in Kümmersbruck, vor Lengenfeld oder in der Kurve oberhalb von Ensdorf nicht mehr passierbar. Hinzu kommen eine ganze Anzahl von weiteren Orts- und Ortsverbindungsstraßen. Auch Wohnbebauung und diverse Handwerksbetriebe in tiefer gelegenen Ortsteilen in Ensdorf, Wolfsbach, Theuern und auch Lengenfeld sind vom Hochwasser berührt. Natürlich sind die Wasserkraftanlagen und auch landwirtschaftliche Betriebe betroffen.
So richtig zur Sache ging´s aber dann bei der Auswertung des Extremhochwassers.
Deutlich mehr Bebauung in allen Orten entlang der Vils: abgeschnittene Ortsteile westlich der Vils sind nur noch über Forststraßen und den Radweg zu erreichen. Davon betroffen sind Teile von Theuern, Wolfsbach, Leidersdorf und Ziegelhütte in Ensdorf. Der Bauhof in Ensdorf und die Feuerwehr in Theuern steht dann unter Wasser und dann schlägt auch der Schusterbach in Ensdorf so richtig zu: Neben der schon früher auftretenden Überflutung des Friedhofs und einzelner Anwesen ist jetzt auch das Kloster massiv betroffen. Die Berechnung zeigt, dass durch eine Maueröffnung das Hochwasser in die Anlage strömt und nicht mehr ohne weiteres herausfindet. Ein hoher Anstau ist die Folge.
Welche Konsequenzen das Hochwasser in den Abwasserkanälen anrichtet, mag sich jeder selber ausdenken. Die stinkende Brühe wird in manchen Kellerräumen Chaos und Schäden verursachen. Bleibt nur zu hoffen, dass kein (ungesichertes) Heizöllager mehr vorhanden ist, sonst kommen auch noch Schäden und Kontamination durch austretendes Heizöl hinzu.
Spätestens da war allen Beteiligten klar, dass die Veranstaltung wirklich Sinn macht. Die Bürger sollen verbesserte Informationsmöglichkeiten erhalten und letztendlich auch daraus persönliche Konsequenzen ziehen.
Dazu sind im Internet verschiedene Angebote für Jedermann frei und kostenlos herunterladbar: Unter http://www.lfu.bayern.de/wasser/hw_ue_gebiete/informationsdienst/index.htm kann ein Kartendienst gestartet werden, der dem Benutzer z. T. flurstücksscharf die Auswirkung der verschiedenen Hochwasser-Ereignisse aufzeigt.
Nachstehend ein so erzeugter Kartenausschnitt mit Darstellung des Extremhochwassers an Vils und Schusterbach in Ensdorf. Die unterschiedlichen Blautöne stellen die verschiedenen Wassertiefen dar.
Daneben gibt es einen Kartenservice für die Kommunen und – schon seit einiger Zeit – die Internetpegel unter www.hnd.bayern.de . Dort kann man sich zur be(vor)stehenden Hochwasserentwicklung und den Wasserständen schlau machen.
Am Beispiel des Vilspegels Amberg machte dann Peter Fröhlich auch deutlich, welche Dimension das Hochwasser annehmen kann: Die maximale Meldestufe 4 wird bei 210 Zentimeter ausgelöst. Das noch halbwegs bekannte größere Winterhochwasser 1970 hatte als 50-jährliches Hochwasser einen Wasserstand von rund. 310 Zentimeter. Das Hochwasser 100 liegt aber bei 375 cm und das Extremhochwasser könnte auf der Pegellatte gar nicht mehr abgelesen werden.
Dass diese neuen Informationen von den Beteiligten erst noch „verdaut“ werden müssen machte Christian Luber vom Landratsamt Amberg-Sulzbach deutlich. Dann aber wird es einige Konsequenzen geben – unter anderem die Anpassung und Erweiterung der kommunalen Hochwassermeldepläne.
Auch die Gemeinden werden auf ihrem Weg zur Verbesserung der Verhältnisse weiterarbeiten. So wies Werner Bauriedl (Kümmersbruck) unter anderem auf die Abflussverbesserung hin, die durch die neue Ortsbrücke in Theuern angestrebt wird und Wolfgang Roggenhofer (Kümmersbruck) erinnerte an einige Maßnahmen im Krumbachgebiet, die auch der Vils zu Gute kommen würden.
Dass auch in Ensdorf Rückhaltemaßnahmen am Schusterbach im Visier der Gemeinde sind konnte Markus Dollacker berichten.
An die informative und von allen 30 Teilnehmern und Zuhörern positiv wahrgenommene Veranstaltung schloss sich noch eine schon etwas mühselige Tabellenbearbeitung an – der insgesamt gute Gesamteindruck hat jedoch eindeutig überwogen.
Weitere Veranstaltungen im Landkreis werden sich anschließen.