Einmal im Leben Bauer oder Bäuerin
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
Ziel des Planspiels war es, die Nahrungsmittelproduktion in der Landwirtschaft und die ökologische Dimension sowie ihre Nachhaltigkeit erlebbar zu machen und zugleich die globalen Verknüpfungen über den Handel aufzuzeigen und zu verstehen. Themen waren Konsum, Ernährung sowie Handel und Fairer Handel in ihrer weltweiten Vernetzung.
Da gab es verschiedene „Familien“ – jeweils mit zwei Kindern: Da war Urwaldbauernfamilie in Bolivien, die Kartoffeln und Kräuter anbaut, Äpfel erntet und ihre frischen Biowaren an einen Händler verkauft, der diese wiederum an den Großmarkt verkauft. „Fair-Trade-Bauern erhalten für ihre Waren mehr als andere- etwa ein Drittel des Preises, den wir bezahlen“, lernten die Kinder dabei. „Wir sind nicht reich, können aber so gut leben“, berichtete Urwaldbauer Maximilian den anderen Familien.
Die Familie von Biobauer Emanuel betreibt zusätzlich einen Hofladen, weil sie erkannt hat, dass Nachhaltigkeit wichtig ist. „Der Ertrag ist zwar geringer, doch mit meinen Bioprodukten kann ich einen höheren Preis erzielen“, erkannte der fortschrittliche Landwirt.
Die Familie Gruselburger wiederum betreibt auf 1000 Hektar Land konventionelle Landwirtschaft mit 1000 Hühnern und 1000 Schweinen. Sie erlebte gleich am zweiten Tag eine Katastrophe. Der Hühnerstall von Bauer Felix und Bäuerin Judith brannte durch Blitzschlag ab! So mussten sie sich über Vorschriften der Hühnerhaltung bei der Landwirtschaftsberaterin informieren, auch über Zuschüsse und Vor- und Nachteile von Stall- und Freilandhaltung, mussten rechnen, zur Bank wegen eines Kredites, für den viel Zinsen zu bezahlen sind. Diese forderte zudem Sicherheiten und ein Modell des geplanten Stalles. „Schließlich entschieden wir uns für Freilandhaltung, weil wir die Eier dann teuerer verkaufen können, und diese Variante auf Dauer günstiger ist“, berichtete Bäuerin Judith. Zudem hatte diese Familie mit einer Kartoffelkäferplage zu kämpfen, musste teuere Spritzmittel kaufen und ihren Kartoffelacker damit „spritzen“.
Auch die Familie „Otto-Normalverbraucher“ – im Urlaub vor ihrem Zelt – hatte ihre Probleme zu bewältigen. Ihr Sohn bekam eine Allergie auf Glutomat, das in einer Fertigsuppe enthalten war. Teuere Medikamente musste sie kaufen. „Künftig kommen mir keine Fertiggerichte mehr ins Haus – auch keine Fertigpizza mehr! In Zukunft koche ich wieder selbst und das mit frischen Produkten!“ erklärte die Mutter.
Und dann gab es noch die „Pressefamilie“ mit Carla „Kolummna“, Praktikantin Lena aus dem bolivianischen Urwald, Liesl, der flotte Wiesel, und schließlich Fotograf Jonas BBOU. Sie hielten jeden Tag fest, was passiert war, informierten täglich die Familien, interviewten Leute, kümmerten sich um Werbung, ohne die eine Zeitung viel teuerer wäre, und verkauften schließlich ihre Tageszeitung für einen Euro.
„Zugleich dienen die Zeitungen als Reflexion“, berichtet Projektleiter Stefan Huber. „Alle Familien mussten während dieser Planspielwoche ihre so spezifischen Probleme lösen, sammelten Erkenntnisse, lernten die wirtschaftlichen Zusammenhänge in der Landwirtschaft verstehen, erhielten Infos über gesunde Lebensmittel und erfuhren u.a. wie wichtig gerechte Preise für Produzenten sind.“ „Wir lernten in dieser Woche sehr viel, hatten aber alle auch viel Spaß dabei!“ berichteten die „Familienmitglieder“ der „Mittelbayerischen Zeitung“.