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Bibel-Kreis zum dritten Fastensonntag

| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung

Der regelmäßige Bibelkreis in der Pfarrei St. Jakobus nahm sich dieses Mal das provokative Evangelium des dritten Fastensonntags vor. Es ging dabei um die immer wieder überraschende Geschichte vom Auftreten des „zornigen“ Jesus, als er die Händler aus dem Tempel vertrieb.

Mehrere vertraten dabei die Ansicht, dass Jesus mit dieser seiner kompromisslosen Einstellung ganz intensiv gegen die gewöhnliche Opfer-Praxis damals protestierte. „Barmherzigkeit, nicht Opfer“ – das war das Motto Jesu, nach dem er sein alltägliches Leben gestalten wollte. Nicht bestimmte liturgische Leistungen ständen im Vordergrund, sondern aus dem Geiste seines Evangeliums heraus wäre sein Ziel, unbedingte Nächstenliebe zu leben. Und solche Freundlichkeit, ja Solidarität mit dem Nachbarn und Freund und in besonderer Weise mit dem Fremden und Flüchtling, das wäre dann im Sinne Jesu sogar ein Akt der konkreten Gottesliebe. Und dafür würde er mit aller Leidenschaft eintreten, ja eben direkt mit „heiligem Zorn“, auch auf die Gefahr hin, dass ihn die Pharisäer wegen Störung des Tempeldienstes anklagen würden. Für den Evangelisten Johannes wäre diese nicht-alltägliche Geschichte aus dem Leben Jesu so wichtig, dass er sie sogleich an den Anfang seines Evangeliums gestellt hätte.

Mit diesem besonderen Zeichen sollte also gleich in seinem 2. Kapitel klar werden, mit welchem großen geistlichen Selbstbewusstsein Jesus in aller Öffentlichkeit auftrat und den aktuellen Tempel-Kult mit seiner Oberflächlichkeit hinterfragte, wie Martin Breitkopf aus Ensdorf ausführte. Dass Jesus um die radikale, ja lebens-gefährliche Bedeutung dieses seines Auftretens im jüdischen Tempel wusste, betonte dann Salesianerpater Alfred Lindner. Für Jesus wäre es nämlich ein entscheidendes Anliegen gewesen, seine Bedeutung als religiöser, nicht politischer Messias heraus zu stellen. Die innige Beziehung nicht zu irgendeiner höheren göttlichen Macht, sondern zu seinem ganz persönlichen Vatergott im Himmel wollte er in seiner Predigt verkünden, wenn es nämlich in der Bibel so eindeutig heißt: „Macht doch das Haus meines Vaters nicht zu einer Räuberhöhle.“ Und in der Jugend-Volx-Bibel steht ganz einfühlsam die angemessenere und noch stimmigere Übersetzung: „Macht doch das Haus meines Vaters nicht zu einem Einkaufszentrum.“

Im Bibelkreis ergab sich dann eine intensive Auseinandersetzung zur Frage, wo denn die Grenze zwischen einer eher spirituellen Glaubensweise im Sinne Jesu und einem mehr bloß materiellen religiösen Alltagsdenken liege. Jedenfalls möchte Jesus mit seiner ganz konkreten Tat der Einmischung in eine gewisse kritische Opfer-Praxis seine neuen Gedanken den bisher überholten Werten gegenüberstellen. Papst Franziskus würde sich um die gleiche positive Erfahrung bemühen, wenn er z.B. in Brüssel den politisch Verantwortlichen ins Gewissen rede: macht doch in Europa das Mittelmeer nicht zu einem Massengrab für die hilfesuchenden Flüchtlinge. Und Papst Franziskus würde heute mit ähnlicher Leidenschaft, ja mit ähnlichem „heiligem Zorn“, wie ihn Jesus bei seiner spontanen Tempelreinigung gezeigt hat, auftreten und seine so dringende Botschaft verkünden, als Christen an die Ränder der Welt zu gehen, im Großen und im Kleinen. Und der Papst mit seinem ganz eigenen Stil gehe ohne zu zögern noch weiter, wenn er nicht nur die Kardinäle und Bischöfe – wie kurz vor Weihnachten in Rom geschehen – mit seinen 15 aufgezählten Krankheiten praktisch vor den Kopf stoße, sondern darauf hinweise, dass diese kritischen Anmerkungen z.B. zur Gefahr einer geistlichen Demenz, also traurigen GottVergessenheit, von ihm aus dem Vatikan auch für jeden normalen Alltags-Christen passen würden.

Der wöchentliche Fasten-Bibelkreis in Ensdorf trifft sich bis Ostern weiterhin immer Mittwochabend um 19.00 Uhr   im Bibelzimmer, gleich nach der gläsernen Klosterpforte auf der linken Seite. Willkommen sind vor allem junge Leute, weil die Glaubens-Erfahrungen gerade aus dieser oft kritischen Generation das Gespräch über eine glaubwürdige Umsetzung der Frohbotschaft aus dem Evangelium Jesu in unsere heutige Zeit nur eine  dankbare Bereicherung für alle Teilnehmer darstellen kann.