Historisches Torhaus in Hirschwald
| Hans Babl | Mittelbayerische Zeitung
Das Torhaus mit dem Ensdorfer Tor ist, mit Ausnahme der Jagdkapelle, das letzte Zeugnis der historischen Hofanlage aus dem 16. Jahrhundert. „Es soll einer adäquaten Nutzung zugeführt werden. Im Erdgeschoss ist eine kleine gastronomische Einrichtung vorgesehen“, plant das Architektenpaar. „Eine so genannte Huzastube mit rund 20 Plätzen, wo gemeinschaftliches Zusammenkommen der Dorfbevölkerung möglich ist. Dadurch könnte die vormalige Hirschwalder Tradition wieder aufleben. Außerdem wird sie den Besuchern des Naturparks und den Gästen von Hirschwald 4 eine gemütliche Einkehr und die Gelegenheit Spezialitäten aus der Region zu genießen, bieten. Für die Beherbergung werden im Obergeschoss drei Gästezimmer zur Verfügung stehen.“
Der Steinstadel als Teil des historischen Ensembles ist für eine kulturelle Nutzung bestimmt. Für Kultur, die mit dem speziellen Ort Hirschwald zu tun hat. „Als geschichtsträchtiges Biotop ist er für unterschiedlichste gesellschaftliche Gruppen relevant“, so die Besitzer. „Für Historiker (Die Wittelsbacher in der Oberen Pfalz), Denkmalpfleger und Architekten, aber auch für Jagdliebhaber (Wildgehege und Jagdrevier Hirschwald) und Pferdefreunde (Pfalzgraf Friedrich II. ritt 1538 mit 128 Pferden zur ersten großen Hirschjagd nach Hirschwald). Sogar für Sänger (Heimat von ‚Der Jäger aus Kurpfalz’) und Cineasten (Drehort des Rödl-Films „Grenzenlos“) hat er Bedeutung.“
„Inmitten des gleichnamigen Naturparks gelegen, kann Hirschwald ein Fixpunkt für alle werden, die Naturerlebnisse mit Kunst und Kultur und der Geschichte der Oberpfalz verbinden wollen. Mit Ausstellungen und Veranstaltungen zum Kennenlernen des Ortes und für das lokale Bewusstsein“, ist das Architektenpaar überzeugt. „Hirschwald 4 hat großes kulturelles Potential. Das soll geweckt werden.“
Seit November vergangenen Jahres erfolgt nun die denkmalpflegerische Sanierung des Torhauses Hirschwald und den anschließenden Steinstadels. In einem ersten Schritt erfolgte die statische Instandsetzung des bis dahin nur notgesicherten Anwesens mit der Unterfangung der Fundamente, der Vernadelung bzw. Verschlauderung des westlichen Torbogens sowie der Reparatur des Dachstuhls Steinstadel. Nadelanker verhindern jetzt schon das Kippen des Torbogens.
Die Besitzer, das Architektenehepaar Birgit Rieger und Willi Schmid, hat ein gemeinsames Büro, das von Regensburg und Kümmersbruck aus tätig ist. Es ist aber noch viel mehr: Eine echte „Architektenfamilie“, denn auch die drei Töchter Hanna, Leonora und Nina sind ebenfalls Architekten bzw. studieren Architektur. Wie kam das Ehepaar dazu, das Anwesen Hirschwald 4 zu erwerben? Fragte ich „Als Haselmühler kennt man natürlich Hirschwald und das Torhaus. Sie sind Teil meiner Jugenderinnerung“, erzählt Willi Schmid der MZ. „Auch weil der Rödl-Film „Grenzenlos“ dort gedreht wurde und man damals einen neuen Bezug zur Heimat bekam.“ Auf das Torhaus aufmerksam geworden ist das Architektenehepaar durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, das dafür einen Käufer suchte. Jahrelang. „Beruflich haben wir auch mit denkmalpflegerischen Aufgaben zu tun. Da wissen wir natürlich genau, auf was wir uns einlassen. Oder sagen wir mal lieber fast genau.“
Warum sich so was antun? fragte ich weiter nach. „Für die gesamte Region ist es ein wichtiges geschichtliches Zeugnis. Und wenn es niemand anderes herrichtet - dann halt wir. Aber Hirschwald gibt auch viel. Es ist ohne Zweifel ein magischer Ort. Und seine Geschichte ist faszinierend. Zum Beispiel taucht der Name des Vorgängerdorfes Gumpenhof im Katalog der letztjährigen Landesausstellung ‚Ludwig der Bayer’ auf. Alle Wittelsbacher, die die Obere Pfalz von Amberg aus über Jahrhunderte regierten, waren ja am liebsten auf der Jagd.“
Auf die letzte Frage „Wann kann man im Torhaus Hirschwald huzagehen?“ kam die prompte Antwort: „Wenn alles gut geht, Ende 2016.“
Geschichte
An der Stelle der heutigen Ortschaft Hirschwald befand sich früher das Dorf „Gumpenhof“, das bereits im Jahr 1112 urkundlich erwähnt ist und größer war als das heutige Hirschwald. 1454 überließ das Kloster Ensdorf dem Kurfürsten Friedrich I. denn Nutzgenuss von einem „Gut die Satzung zum Gumpenhofe“. 1513 wird Pfalzgraf Friedrich II. Administrator der herobenen Pfalz mit Regierungssitz Amberg. Als leidenschaftlicher Jäger machte er aus dem Hirschwald ein großes landesherrliches Wildgehege und errichtete darin, in Gumpenhof, ein Jagdschlössl mit Nebengebäuden, einer neuen Vierseitanlage für die herrschaftlichen Jagdgesellschaften und eine Ringmauer drumherum. Dazu legte er alle bestehenden auf ‚gütlichem Wege’ erworbenen Gebäude nieder – mit Ausnahme der Kirche. Pfalzgraf Friederich II. (ab 1544 Kurfürst Friedrich von der Pfalz) ritt 1538 mit großem Gefolge auf 128 Pferden zur ersten großen Hirschjagd ein. Im Jahr 1545 heißt es ‚Gumpenhof yetzt zum Hirschwald. 1673 erwirbt Forstmeister H.A. Danhauser zwei Bestandshöfe mit Zugehörigem, auch Anwesen Hausnummer 4. Sein Nachfolger K. Huber übernimmt 1737 den Besitz und ergänzt ihn u.a. mit dem Schlösschen samt ‚Schöngarten’ und ‚Kittengarten’. Dem Staat verblieb das Forsthaus und die Kirche, mit Ausnahme des Kellers. F.J. von Huber war der letzte Forstmeister. Aus Frust, dass das Forstministeramt aufgelöst wurde, zertrümmerte er 1816 seinen Besitz samt Anwesen Hausnummer 4. Die Vierseitanlage wurde aufgeteilt. Ein Viertel ging an die ‚Torbogen-Reiser’. 2013 erwirbt das Architektenehepaar Birgit Rieger und Willi Schmid das Anwesen Hausnummer 4 mit dem Ensdorfer Tor.